Schmerz ist eine Reaktion auf potenzielle schädigende Reize jeglicher Art. Der Schmerz will uns etwas sagen...
Dieser Text möchte ein Kaleidoskop von Gedanken und Emotionen entfalten. Mein Bestreben ist es, behutsam zwischen den Facetten verschiedener Schmerzthemen zu balancieren. Im Kontext von chronischen Schmerzen erkenne ich die Tiefe, die diesem Thema innewohnt, und doch kann ich nur an der Oberfläche kratzen. Ich versuche, meinen Worten Empfindsamkeit und Wertschätzung zu verleihen, um die verschiedenen Schattierungen des Schmerzes zu reflektieren. Ich möchte im Vorfeld darauf hinweisen, dass ich in einem ständigen Wechselspiel zwischen emotionalen und körperlichen Schmerzen wandern werde, ohne mich in einem festen Rahmen festzulegen. Ich strebe danach, die untrennbare Einheit von Körper, Geist und Seele auszudrücken. Obwohl ich möglicherweise an diesem Vorhaben scheitern könnte, diesen Spagat zwischen den verschiedenen Ebenen zu meistern, bewahre ich dennoch meine Zuversicht und meine Absicht, diese Verbindung zu vertiefen. In diesem Blogartikel geht es um die Biologie des Schmerzes, Schmerz und Kunst, weiblichen Schmerz, Perspektiven auf Schmerz und persönliche Geschichten.
Meine Schmerzgeschichte
Auch wenn es mir heute immer noch guttut, meine Verletzung nicht zu verbergen und sie liebevoll zu pflegen, schreibe ich diesen Newsletter nicht für mich.
Im Laufe meines Lebens habe ich erkannt, wie wichtig es ist, auf den Schmerz in meinem Körper und meiner Seele zu hören. Als junge Frau wurde mir bewusst, dass Schmerz nicht nur eine Qual sein kann, sondern auch eine bedeutungsvolle Funktion erfüllen kann – sogar lebensrettend sein kann. Gerne teile ich meine Erfahrungen mit dir, in der Hoffnung, dass sie möglicherweise hilfreich sein können.
Als junge Frau wurde ich eines Tages von starken Bauchschmerzen heimgesucht, die über einige Wochen anhielten. Trotz des Besuchs bei verschiedenen Ärzten blieb die Ursache unentdeckt. In jener Zeit ließ meine damalige, teilweise auch heute noch schüchterne Natur mich dazu verleiten, den Schmerz nicht offen genug zu zeigen, um bei meinen Ärzten nicht als lästig angesehen zu werden. Rückblickend ist mir klar, dass ich die kolikartigen Schmerzen nicht einfach hätte ignorieren dürfen.
Nach vier Wochen erwachte ich eines Tages mit noch schlimmeren Schmerzen und brach schließlich zusammen. Es war mir sofort bewusst, dass etwas ernsthaft nicht stimmte. Daraufhin rief mein Mann sofort den Notarzt an. Die Sanitäter kamen auch schon bald. Während in meinem Bauchraum Sturm herrschte, schienen die Sanitäter von einer stoischen Gelassenheit erfüllt zu sein. Das tat mir gut. Besonders ein Sanitäter, dessen Stimme ruhig und klar war, leitete Atemübungen an: "Atme ein, atme aus..." Ich machte genau das, was er sagte. Tatsächlich begannen die Schmerzen etwas nachzulassen. Diese Erfahrung verdeutlicht die immense Wichtigkeit einer einfühlsamen und vertrauenserweckenden Präsenz, insbesondere in schwierigen Situationen. Gleichzeitig zeigt sie auch, wie der Atem dazu beitragen kann, das vegetative Nervensystem zu beruhigen.
Später im Krankenhaus stellte sich heraus, dass es sich um eine Eileiterschwangerschaft handelte, bei der sich der Embryo im Eileiter statt in der Gebärmutter eingenistet hatte, was zu der besagten Komplikation führte. Das zarte Wesen, dem ich später mein Herz schenkte, fand sein Wachstum an einem Ort, der für uns beide nicht förderlich war.
Auf der emotionalen Ebene wollte ich meinen Schmerz nicht an mich heranlassen, vielleicht aus Angst vor der Wahrheit. Meine Mechanismen zur Verdrängung haben perfekt funktioniert – ich habe mich beharrlich geweigert, mich der schmerzhaften Realität zu stellen. Auch wenn meine leichte und mädchenhafte Art durch tiefe Risse erschüttert wurde und die Angst vor einer erneuten Eileiterschwangerschaft mich stark belastete, kämpfte ich darum, diese Furcht abzuschneiden, zu verdrängen und zu verbergen. In den tiefsten Tiefen.
Während dieser Zeit saß ich mit einer Freundin in einer Kneipe. Während ich so belanglos erzählte, sah sie mich an und sagte eindringlich: "Bitte fang wieder an zu fühlen, denn ich spüre dich nicht mehr." In diesem Moment brach das fragile Kartenhaus meiner emotionalen Abwehr zusammen, das ich so sorgsam und mühevoll errichtet hatte. Die Tränen strömten unaufhaltsam, der Damm war gebrochen. Es wurde deutlich, dass ich ganzheitliche Unterstützung suchen musste. Ich erkannte, dass ich lernen musste, den Schmerz zuzulassen und zu fühlen.
Hoffnung
Auch wenn es mir heute immer noch guttut, meine Verletzung nicht zu verbergen und sie liebevoll zu pflegen, schreibe ich diesen Newsletter nicht für mich. Wenn ich meine Hand über meine körperlichen Narben gleiten lasse, entsteht dieser Text für Frauen, die vielleicht noch keinen Weg gefunden haben, mit ihren eigenen Schmerzen umzugehen. Frauen, die womöglich in ihrer Kindheit erfahren haben, dass es nicht akzeptabel ist, den Schmerz anzuerkennen und darüber zu sprechen. Diese Kluft ist möglicherweise nicht entstanden, weil ihnen keine Liebe zuteil wurde, sondern weil die Bezugspersonen in ihrer Umgebung ihre eigenen Schmerzen nicht ertragen konnten.
Warum ist Schmerz wichtig?
Es gibt verschiedene Arten von Schmerzen, darunter akute Schmerzen, die plötzlich auftreten und oft auf eine Verletzung oder Krankheit hinweisen, sowie chronische Schmerzen, die über einen längeren Zeitraum anhalten können.
Akuter Schmerz
Schmerzen erfüllen verschiedene wichtige Funktionen im Körper. Sie dienen als Schutzmechanismus, indem sie uns vor möglichen Verletzungen oder Schäden warnen. Schmerzen signalisieren (z.B. die Hand auf der Herdplatte), dass etwas nicht in Ordnung ist, sodass wir Maßnahmen ergreifen können, um uns selbst zu schützen. Sie können auch auf Entzündungen oder Infektionen hinweisen, die unsere Aufmerksamkeit erfordern. Darüber hinaus unterstützen Schmerzen den Heilungsprozess, indem sie uns dazu anregen, bestimmte Körperbereiche zu schonen und zu schützen, während sie gleichzeitig den Körper dazu anregen, die notwendigen Heilungsmechanismen zu aktivieren. Rückkopplung bei Schmerzen bezieht sich auf den Prozess, bei dem Informationen über Schmerzen vom Körper an das Gehirn gesendet werden und gleichzeitig Signale vom Gehirn an den Körper zurückgegeben werden. Diese Informationen helfen dem Körper und dem Gehirn, auf den Schmerz zu reagieren und angemessene Maßnahmen zu ergreifen.
Tatsächlich gibt es Menschen, die keine Schmerzen verspüren. Ein solches Beispiel ist ein Junge aus dem Pakistan. Diese Menschen spüren keinerlei Schmerz, selbst wenn sie sich zum Beispiel mit einem Messer in den Arm stechen. Diese Schmerzunempfindlichkeit führte tragischerweise zu seinem Tod. Im Alter von 14 Jahren sprang er von einem hohen Gebäude und verstarb. Das Fehlen dieses körperlichen Warnsignals führte dazu, dass er nicht erlernen konnte, was gefährlich und ungefährlich ist. Das zeigt, dass Schmerzen eine lebenswichtige Aufgabe haben. Nämlich das Leben zu sichern.
Chronische Schmerzen
Auf der anderen Seite leiden viele Menschen unter chronischen Schmerzen, was laut der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin in Deutschland schätzungsweise bis zu 15 Millionen Menschen (etwa jeder 10. Mensch) betrifft. Man spricht von einem chronischem Schmerz, wenn die Schmerzen wiederkehrend oder anhaltend über einen Zeitraum von mindestens 3 bis 6 Monaten auftreten und damit zu einem bestimmenden Teil des Lebens werden. Dies umfasst hauptsächlich Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Gelenkschmerzen, Krebs- oder Tumorschmerzen sowie Nervenschmerzen. Zusätzlich können chronische Schmerzen eine unerwünschte Nebenwirkung von Medikamenten sein, die zur Behandlung anderer Erkrankungen eingenommen werden. Etwa 2,2 Millionen dieser Patienten mit chronischen Schmerzen leiden sogar unter schwersten Schmerzen, die mit psychischen Beeinträchtigungen einhergehen. Dies verdeutlicht die Herausforderungen, die mit chronischen Schmerzen verbunden sind, und die Notwendigkeit einer angemessenen Behandlung.
Für viele bedeutet das eine Odyssee zu verschiedenen Ärztinnen und Therapeutinnen.
Menschen, die an Depressionen leiden, sind oft auch von physischen Beschwerden wie Rücken- oder Kopfschmerzen betroffen. Ebenso kann bei Personen mit chronischen Schmerzen häufig eine Begleiterscheinung in Form von Depressionen auftreten. Hierbei entsteht eine komplexe Wechselwirkung, bei der beide Zustände sich gegenseitig verstärken und beeinflussen können.
Biochemische Reaktionen und Psychologie des Schmerzes
Die Forschung hat ergeben, dass seelischer Schmerz ähnliche Gehirnregionen aktiviert wie körperlicher Schmerz. Dies legt nahe, dass die neurologischen Mechanismen, die bei der Wahrnehmung von emotionalem Schmerz involviert sind, Ähnlichkeiten mit jenen aufweisen, die bei der Verarbeitung physischer Schmerzreize im Gehirn auftreten. Diese Verbindung zwischen emotionalem und körperlichem Schmerz trägt dazu bei, das komplexe Zusammenspiel von Körper und Geist besser zu begreifen. Sie verdeutlicht, dass Schmerz nicht nur auf einer rein physischen Ebene existiert, sondern tief mit unseren emotionalen und mentalen Prozessen verwoben ist.
Soziale Ausgrenzung kann sich ähnlich intensiv anfühlen wie physische Gewalt. So kann man sich vorstellen, dass jemand, der Mobbing erfährt, ständig das Gefühl hat, geschlagen zu werden. Forschungen haben gezeigt, dass ähnliche Gehirnregionen, die auf körperlichen Schmerz reagieren, auch aktiviert werden, wenn wir soziale Ablehnung erfahren. Dies unterstreicht, wie stark die Verbindung zwischen unseren emotionalen Erfahrungen und den körperlichen Reaktionen in unserem Gehirn. Fachleute sprechen auch nicht von einem Schmerzzentrum im Gehirn, sondern vom "bio-psycho-sozialen Schmerz", den jeder Mensch unterschiedlich empfindet.
Studien über Placebo-Effekte bei Schmerzen haben gezeigt, dass allein die Erwartung einer Schmerzlinderung dazu führen kann, dass Menschen tatsächlich weniger Schmerzen empfinden.
Diese machen deutlich, dass der Placebo-Effekt mit Veränderungen in der Gehirnaktivität einhergeht. Das Gehirn kann tatsächlich schmerzreduzierende Substanzen wie Endorphine freisetzen, wenn jemand erwartet, dass eine Behandlung Schmerzen lindert.
Der Kampf mit dem Schmerz
Ebenso gibt es Menschen, insbesondere Frauen, die sich selbst verletzen. Menschen, die an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden, tendieren dazu, selbstverletzendes Verhalten wie das Benutzen von Messern oder Rasierklingen einzusetzen, um ihre Emotionen zu bewältigen oder Spannungen abzubauen. Diese Handlungen unterstreichen die dringende Notwendigkeit professioneller Hilfe und Unterstützung. Vielleicht hast du schon die narbenübersäten Arme einer jungen Frau bemerkt, die als sichtbare Manifestation ihrer Suche nach einem Ventil für ihre tiefen inneren Schmerzen dienen. Dieses Erlebnis traf mich in einem Café, als eine Mitarbeiterin solche Narben auf ihren Armen trug. In diesem Augenblick empfand ich eine leise Mitfreude, da diese alten Wunden keine neuen Verletzungen aufwiesen.
Warum tut Liebeskummer so weh?
In den Tiefen der Gefühle, da wo Schmerz und Sehnsucht sich vereinen, findet sich der Liebeskummer. Ein Kloß im Hals, Tränen, die hemmungslos fließen, ein Ziehen im Bauch und Stiche im Herzen sind die Begleiter dieser emotionalen Reise. Doch Liebeskummer ist kein Gefühl, das man leicht abschütteln kann, denn er ist wie ein Schatten, der uns überallhin verfolgt. Nach einer Trennung bleibt das Liebesgefühl auf gewisse Weise bestehen, da Hormone wie Dopamin immer noch in erhöhter Konzentration vorhanden sind. Dies kann anfänglich zu einem intensiven Verlangen nach der verlorenen Beziehung führen, ähnlich wie bei Verliebtheit. Allerdings kehrt sich dies im Laufe der Zeit um, und der Liebeskummer wird von starken emotionalen Schmerzen begleitet. Dies ist auf Veränderungen im Hormonspiegel zurückzuführen. Das Dopamin nimmt ab, ebenso wie Noradrenalin, während der Adrenalin- und Cortisolspiegel steigen. Dies führt zu körperlichen und emotionalen Beschwerden wie körperlichem Abbau, Schlafstörungen und Panikattacken. Besonders schwierig ist die Bewältigung der Trennung, wenn die Beziehung sehr eng und tiefgreifend war. In solchen Fällen können die Symptome des Liebeskummers denen einer posttraumatischen Belastungsstörung ähneln, auch wenn sie in der Regel kurzfristiger sind. Dies zeigt, wie stark emotionale Bindungen und chemische Prozesse im Körper miteinander verknüpft sind.
Doch Liebeskummer ist mehr als nur eine emotionale Achterbahn. Er hinterlässt unterschiedliche Spuren: Körperliche Beschwerden, Konzentrationsschwäche, schmerzhafte Isolation von sozialen Bindungen, schwindende Lebensfreude, manchmal sogar ein aggressives Verhalten. Im Extremfall kann er das Broken-Heart-Syndrom auslösen, das die Fragilität des menschlichen Herzens verdeutlicht. Selbst unser Konsumverhalten kann sich verändern, denn Liebeskummer spricht alle Facetten unseres Seins an.
Vor einigen Jahren trennte sich der Partner meiner Freundin, da er sich in eine andere Frau verliebt hatte. Diese Trennung ließ sie lange Zeit daran zweifeln, dass sie noch liebenswert sei. Eines Abends rief sie mich inmitten einer Panikattacke an. Wir verbrachten den Abend gemeinsam über das Telefon, und ich gab ihr Empfehlungen, um sie zu trösten und ihr lebensnahe Schritte vorzuschlagen. Ich ermutigte sie dazu, etwas zu essen, zu duschen, sich umzuziehen und sich eine Wärmflasche zuzubereiten, um sich selbst Gutes zu tun. Gelegentlich brauchen wir Menschen, die uns Halt geben, wenn der Boden unter unseren Füßen wankt.
Schmerz, Kunst und Literatur
Es gibt viele Künstlerinnen und Künstler, die ihren Schmerz ausgedrückt haben bzw. ausdrücken. Frida Kahlo verarbeitete ihre Fehlgeburten und viele andere körperliche Schmerzen in ihren Bildern. Edvard Munch tat das Gleiche in seinen Werken wie z.B. "Der Schrei". "Der Schrei" ist ein berühmtes Gemälde des norwegischen Künstlers Edvard Munch. Es wurde erstmals 1893 erstellt und ist für seine Darstellung von Angst, Verzweiflung und existenzieller Isolation bekannt. Das Gemälde zeigt eine menschliche Figur mit einem verzerrten Gesicht, die auf einer Brücke steht und in einer unheimlichen Landschaft den Mund weit aufreisst. Vor einigen Jahren habe ich das Kunsthaus Zürich besucht und die beeindruckende Ausstellung von Edvard Munch erlebt. Diese Ausstellung hat einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen. Der Maler stammte aus einem inspirierenden Elternhaus, jedoch begleiteten ihn schon in jungen Jahren Schmerz und Abschied. Sowohl der Verlust seiner Mutter durch Tuberkulose als auch der seiner älteren Schwester durch Schwindsucht prägten sein Leben nachhaltig. Früher war das Leben stärker von Themen wie Leid, Krankheit und Tod geprägt. Es gibt auch diesen tiefen Weltschmerz, den einige mehr oder weniger intensiv empfinden. Die Schriftstellerin Gabriele von Arnim ist zweifellos eine jener Menschen, die die Aspekte unserer Welt tiefgreifend erfassen. Textauszug aus ihrem Buch "Der Trost der Schönheit": Mich ängstigt der Verlust des Konzepts von Gemeinwohl, die Herablassung der Habendenden gegenüber den Habenichtsen, die Radikalisierung derjenigen, die Ungewissheit und Fragen nicht aushalten und Antworten wollen.(... ). Es ängstigt mich mich die Verrohung der Sprache und Handlung.(... ) Es ängstigen mich die staubigen Dürren, die alles verschlingenden Fluten, die sterbenden Bäume (... ). Dem "Weiter so" der Höhnischen und Rücksichtslosen, die die Erde ausbeuten, vergiften und zerstören. Und es sind nicht nur sie, ich bin es auch." Ihr Buch entlockte mir ein Wechselspiel der Gefühle, zwischen Melancholie, Ergriffenheit und einem Lebensmut. Ein kleines, scheinbar unscheinbares Gedicht, das sie erwähnte, verströmte eine Welle des Trostes:
Sie wartete, bis sich der Sturm in ihrem Inneren legte. Als es so weit war, pflanzte sie an den verwundeten Stellen Sonnenblumen. Deborah Levy Ich bin der Überzeugung, dass es nur auf diese Weise möglich ist, dem Weltschmerz entgegenzutreten - Gutes säen und pflegen. Sehen heisst sich öffnen. Schönheit sehen will geübt sein. Schönheit sehen will gewagt sein. Gabriele von Arnim
Zurück zu meiner Geschichte:
Nach meiner Eileiterschwangerschaft habe ich wieder lernen müssen, dem Leben mit Heiterkeit zu begegnen und mir selbst mit Güte und Nachsicht zu begegnen.
Der Schriftsteller Axel Hacke beschreibt die Heiterkeit mit diesen Worten: Es handelt sich um eine grundsätzliche Sichtweise auf die Welt, auf uns selbst und andere, auf Leben und Tod. Es geht nicht um Verdrängung der Bedrohungen, denen wir uns gegenübersehen, sondern um die Frage, wie wir mit ihnen umgehen. Ob tiefer Ernst die einzig mögliche Sichtweise ist (Die Zeit, Artikel Heiterkeit, 24. August 2023)
Das Erkennen, dass auch andere Menschen Leid erfahren, hat mir die Bedeutung von Mitgefühl verdeutlicht.
Während dieser Zeit engagierte ich mich ehrenamtlich bei der Lebenshilfe und unterstützte eine Mutter, die drei Kinder hatte, von denen eines schwerbehindert war. Dieses Kind konnte nachts vor Schmerzen nicht schlafen (wahrscheinlich wegen eines Drucks im Gehirn) und musste beim Essen unterstützt werden, da es keinen Schluckreflex hatte.
Die Mutter, obwohl völlig erschöpft, strahlte bedingungslose Liebe für ihre Kinder aus. Sie nahm meine Hilfe ohne jeglichen Widerwillen an. Sie schöpfte Kraft aus der tiefen Verbindung zu ihrem Pferd und aus ihrer Arbeit als Physiotherapeutin. Ihre Freude über meine Anwesenheit und ihre einfühlsamen Fragen, wie zum Beispiel: "Wie geht es dir eigentlich?", haben mir eine wertvolle Lektion vermittelt - nämlich die Bedeutung echten Interesses an Menschen, die Gabe der Dankbarkeit und die Fähigkeit, aus inneren Kraftquellen zu schöpfen.
Unter meinen Angeboten von "Raum und Zeit" offenbaren sich mir eine Vielzahl schmerzhafter Empfindungen. Vom tiefen Herzschmerz bis hin zum schwer fassbaren Seelenschmerz, von den Verspannungen im Rücken, den Schultern und der Hüfte bis zum schmerzhaften Verlangen (Wunsch) nach einem ersehnten Kind. Die schmerzhaften Stiche des Perfektionismus, die als Mutter, Ehefrau und Tochter erfahren werden. Es sind Schmerzen des Abschieds und der Trennung, die den Geist quälen, ebenso wie die pochenden Kopfschmerzen, die das alltägliche Leben bestimmen. Die Endometriose, die sich durch heftige Schmerzen äußert. Diese Schmerzen pulsieren, drücken, ziehen, stechen, bohren, umschließen, krampfen, lassen uns leer und doch voll zurück und prägen unsere Seele und unseren Körper gleichermaßen.
Die Kunst besteht darin, das richtige Maß im Umgang mit dem Schmerz zu finden – weder ihn zu zelebrieren, zu unterdrücken, übermäßig zu fokussieren, zu verdrängen, noch allzu offensichtlich nach außen zu tragen. Jeder Mensch muss seinen eigenen Weg finden, wie er mit seinem Schmerz umgeht. Dabei kann es wohltuend sein, sich hin und wieder den Ablenkungen hinzugeben, neue Erfahrungen zu sammeln, aus der Komfortzone auszubrechen und sich mit schönen Dingen zu umgeben, ja sogar etwas Verrücktes zu wagen.
Für mich persönlich stand rasch fest, dass ich offen über meine Erfahrungen mit Eileiterschwangerschaften sprechen werde. Oft ernte ich überraschte Blicke von betroffenen Frauen, wenn ich gelegentlich sage: "Mein Leben ist schön." Ich bin umgeben von lieben Menschen, dem Sonnenlicht, das durch den Quittenbaum in den Garten fällt, der Freude am Schaffen und Gestalten, einem tröstlichen Buch, dem hungrigen Miauen meiner Katze, die bunte Postkarte in meinem Briefkasten von einer Freundin, der Möglichkeit, frei meine Meinungen zu äußern, und einem wohligen Bett, das am Ende des Tages auf mich wartet. Manchmal halten Schmerz und Frustration Einzug in mein Leben, aber ich spüre auf merkwürdige Weise, dass ich in der Lage bin, ihnen standzuhalten. Gelegentlich durchzuckt mich die Furcht, dass ich mich eines Tages von einem nahestehenden Menschen verabschieden muss. Aber ich werde nicht die Einzige sein.
In Zeiten des schmerzvollen Durchlebens scheint es oft undenkbar, das Gefühl von Seelenheiter wiederzufinden – und doch kehrt es zurück. Jedenfalls bei den meisten Menschen.
Weiblicher Schmerz
Die Generation meiner Mutter erlebte eine Zeit, in der ihre persönliche Entwicklung stark eingeschränkt war. Die Schatten des noch nicht lange vergangenen Krieges hingen schwer über ihnen, und die Kindheit meiner Mutter wurde von den Bemühungen zum Wiederaufbau Deutschlands und der Notwendigkeit, Ärmel hochzukrempeln, geprägt. In dieser Ära gab es kaum Raum für Schmerz und Trauer; vielleicht war es auch zu schmerzhaft, die zahlreichen Verluste zu durchleben.
Meine Großmutter trug eine enorme Last auf ihren Schultern. Sie hatte drei Töchter und einen jähzornigen Ehemann, der das Sagen hatte. Ihre Stimme wurde nicht oft gehört. Sie war von Herzen gutmütig und äußerst fleissig ( zu fleissig ). Wenn ich alte Fotos von ihr betrachte, als sie noch eine junge Frau war, sehe ich eine strahlende Frau, die in schönen Kleidern und Hüten glücklich aussieht. Sie nähte diese Kleider selbst und hegte eine Liebe für Musik. Sie genoss es, zu tanzen.
Ich habe das Gefühl, dass meine Großmutter wegen all ihrer Arbeit nicht wirklich gelebt hat. Es war, als ob sie immer in Bewegung war, ohne jemals tief durchzuatmen. Mit etwa 63 Jahren erlitt sie einen schweren Herzinfarkt. Bis heute beunruhigt mich der Gedanke, dass wir Frauen immer noch nicht die Freiheit haben, tief durchzuatmen und das Leben in vollen Zügen zu genießen. Unaufhörlich hallt oder schreit diese innere Stimme in unseren Gedanken wider: "Du bist nicht ausreichend, du kannst mehr, sei nicht so empfindlich, andere Frauen bewältigen das viel geschickter."
Welche Maßnahmen könnten uns möglicherweise unterstützen, wenn diese kräftezehrenden Stimmen in uns die Oberhand gewinnen? Sollten wir innehalten und ihnen aufmerksam lauschen? Ihnen entschieden entgegentreten? Unsere eigenen Grenzen bestimmen? Oder ist es vielleicht heilsam, den Schmerz liebevoll zu umarmen?
Manchmal fehlt es regelrecht an der inneren Energie, sich dem Schmerz bewusst zuzuwenden und ihn heilen zu wollen. Der tägliche Stress und die Anforderungen des Lebens können einen förmlich verschlingen. Es entsteht der Wunsch, sich mit Schmerzmitteln, Alkohol oder anderen Suchtmitteln zu betäuben, um vorübergehend Erleichterung zu finden. Die Vorstellung, darüber zu sprechen, erscheint sinnlos, da es stets dasselbe Jammern zu sein scheint. Stattdessen zieht man sich von der Welt zurück, um den inneren Schmerz vor den Augen der anderen zu verbergen. Man möchte auch nicht immer fühlen, denn das Gefühlserleben scheint einen unerträglichen Druck im Inneren aufzubauen, der wie ein überkochender Kochtopf erscheint.
Vielleicht könnte es helfen, wenn wir gemeinsam in den Kochtopf schauen... ?
Kinderschmerz
Einmal fragte ich einen engen Freund, welchen Satz er gerne auf seinem Trostsäckchen haben würde. Seine Antwort kam spontan: "Heile, heile Segen." Ein Satz, den seine Mutter und Großmutter zu ihm sagten, wenn er sich als Kind verletzte.
Vor einigen Jahren wurde ich von einer Klientin aus einem Gefühl der Ohnmacht körperlich angegriffen. Ich habe die Situation nicht angemessen eingeschätzt. Nach diesem Konflikt erhielt ich einen Anruf von meiner Vorgesetzten im Auftrag der Nachsorge, die fragte: "Tut es dir weh?" In diesem Augenblick fühlte sich mein Herz umsorgt. Sind es nicht oft die Sätze, die uns als Kinder Trost spendeten?
Nachklang
Ich habe mich darum bemüht, ein nuanciertes Bild des Schmerzes zu zeichnen, wenn auch oft nur an der Oberfläche kratzend. Gleichzeitig war es mein Bestreben, dem Schmerz Raum zu gewähren, ihm die Möglichkeit zu geben, tief Luft zu holen und die Türen zu öffnen, die zu seinem Verständnis führen. Einige Schmerzen habe ich nicht ausgesprochen – den Schmerz des Verlusts eines geliebten Menschen oder eines geliebten Tieres, das brennende Heimweh, die Sehnsucht, die zieht und schmerzt zugleich – doch sie waren stets präsent in meinen Gedanken. Schmerz wünscht nach Ausdrucksformen – sei es durch Bewegung, Gartenarbeit, Kochen, das Entfalten von Kreativität, die Kraft der Sprache oder das Schreiben, und so weiter.
Im täglichen Leben sind ausdrucksstarke Worte wichtig, um die verschiedenen Facetten des Schmerzes treffend zu beschreiben. süßweh, fernweh, seelenwund, heimweh, schmerzvoll, schmerzwund, schmerzbelastet, schmerzennaß, schmerzdurchzittert, schmerzempfindlich, liebesweh, glücksweh, seelenweh, herzensweh.
Der Philosoph Björn Hayer verfasste ein Buch zum Thema Schmerz, in dem er darauf hinweist, dass wir in einer Gesellschaft leben, die Schmerzen ungern akzeptiert und gleichzeitig hohe Anforderungen an Funktionalität stellt. Er betont, wie Schmerz in unserer Kultur aus dem familiären Kontext genommen und in institutionalisierte Formen überführt wurde. Ich bin mir nicht sicher, ob ich diese Ansicht in vollem Umfang teile, aber es scheint, dass die Aussage einen grossen Kern der Wahrheit enthält.
Buddha lehrte, dass Schmerz ein wesentlicher Bestandteil des menschlichen Lebens ist.
Er betonte die Notwendigkeit, das Leiden anzuerkennen und zu verstehen, um den Weg zur Befreiung zu finden. Durch die Entwicklung von Weisheit, Ethik und Meditation könnten Menschen lernen, mit Schmerz umzugehen und inneren Frieden zu finden, selbst wenn sie mit Schwierigkeiten
Es ist noch wichtig anzumerken, dass ich die Angehörigen von Schmerzpatienten nicht erwähnt habe, obwohl sie oft einen bedeutenden Beitrag zur Genesung und zum achtsamen Umgang mit Schmerzen leisten.
Zum Abschluss noch etwas Praktisches - Yoga und Schmerzen
Um Verletzungen beim Yoga zu vermeiden, sollten Übende die folgenden Maßnahmen ergreifen:
Aufwärmen: Lass jede Yoga-Sitzung mit einem sanften Aufwärmprogramm beginnen, um deine Muskeln und Gelenke gut vorzubereiten.
Achte auf deinen Körper und praktiziere Achtsamkeit: Vermeide es, deine Grenzen zu überschreiten, und passe die Übungen an deine Fähigkeiten an.
Steigerung: Steigere die Intensität und Komplexität der Übungen schrittweise, anstatt dich sofort an schwierige Positionen zu wagen.
Atme bewusst: Achte auf deine Atmung. Eine tiefe Atmung wird dich dabei unterstützen, während der Übungen stabil zu bleiben und Spannungen abzubauen.
Pausen: Gönne dir zwischendurch Pausen ( Nachspüren ), besonders bei längeren Yoga-Sitzungen, um Überanstrengung zu vermeiden.
Anpassungen: Wenn du Verletzungen oder gesundheitliche Probleme hast, passe die Übungen an oder wähle alternative Posen, die den betroffenen Bereich weniger beanspruchen.
Yoga-Hilfsmittel: Die Verwendung von Yoga-Hilfsmitteln wie Blöcken, Gurten oder Polstern kann dir helfen, die richtige Ausrichtung zu finden und Verletzungen zu verhindern.
Regelmäßiges Üben: Durch eine kontinuierliche Yoga-Praxis verbesserst du Flexibilität, Stärke und Körperwahrnehmung und reduzierst so das Verletzungsrisiko.
Expertenrat: Wenn du spezielle gesundheitliche Bedenken hast, solltest du vor Beginn deiner Yoga-Praxis eine Ärztin oder einen Arzt oder eine Physiotherapeutin oder einen Physiotherapeuten konsultieren, um sicherzustellen, dass Yoga für deine individuelle Situation geeignet ist.
Hilfreiche Adressen und Quellen:
Bilder: Künstler - Mehrdad Zaeri
Comments